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Wertedebatte: Demontage hat in der CDU Tradition
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  • FOCUS-online-Korrespondentin (Berlin)

Die CDU ist selbstzerstörerisch unterwegs. Kritik an der Führung ist angebracht, doch führt sie zu einem Ziel? Wo ist die personelle Alternative?

„In der CDU hatte die Demontage des Parteivorsitzenden traurige Tradition.“ Den Satz schreibt Helmut Kohl in seinen „Erinnerungen“. Er hätte ihn ebenso gut in der Gegenwartsform formulieren können. Die Union ist nämlich wieder selbstzerstörerisch unterwegs. Natürlich läuft es nicht rund. 32 Prozent in aktuellen Umfragen sind mager. Die Koalition mit der aus dem Tritt geratenen FDP überzeugt nicht, und bei den als „alternativlos“ dargestellten Entscheidungen können Mitglieder und Anhänger nicht folgen. Keine Frage: Die Kanzlerin und Parteivorsitzende steuert aus heutiger Sicht auf den Misserfolg zu – mit Blick auf die Wahlen 2013 und auf die Zukunft der CDU. Doch abgesehen davon, dass knapp zwei Jahre in der politischen Zeitrechnung lang sind, stellt sich doch immer wieder die Frage nach der Alternative. Wo sind die Programme, die so viel mehr Erfolg für die Union versprechen? Und wo sind die Personen, die sie gewinnbringend „verkaufen“?

Erwin Teufel öffnete aktuell die Schleusen des aufgestauten Unmuts. Man fragt sich allerdings: Mit welchen Positionen und zu welchem Zwecke? Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident fordert, das „C“ müsse wieder deutlich werden, das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft stärker in den Blickpunkt rücken. Das klingt erst einmal nach dem lange vermissten Wertefundament. Aber ist es das auch? Es lohnt die Analyse:

1. Teufel schwärmt von der guten alten Zeit, als die CDU das an niedrige Einkommensgrenzen gekoppelte Erziehungsgeld geschaffen hatte. Heute dagegen gebe es ein Elterngeld, das sich am letzten Nettogehalt orientiere: „Mütter mit dem geringsten Einkommen erhalten den niedrigsten Beitrag. Das ist die größte Ungerechtigkeit, die man sich denken kann.“ Ist das konservativ? Oder klingt es nicht stark nach Sozialismus, wenn alle per se gleich viel bekommen sollen, egal, wie viel sie vorher in Ausbildung und Beruf investiert haben?

2. Eine Steuerstrukturreform fordern Teufel und die ihm Gleichgesinnten. Modelle dafür gebe es reichlich, lautet der Hinweis auf Friedrich Merz oder Paul Kirchhof. Doch hält die CDU es aus, wenn die Modelle der Theoretiker in die Praxis umgesetzt werden sollen? Wenn für die vereinfachten Steuersätze alle Vergünstigungen entfallen – die Pendlerpauschale wie der Nachtzuschlag?



Wo ist die Alternative?


3. Am dreigliedrigen Schulsystem will Teufel festhalten. Die Hauptschule will er als Grundlage für die praktischen Berufe erhalten. Doch was ist, wenn kaum noch jemand sein Kind auf eine Hauptschule schicken will, weil sie zur Restschule abgestempelt ist, weil auch viele Ausbilder keine Schüler von dort mehr aufnehmen? Was ist, wenn die weiter schrumpfende Schülerzahl ein dreigliedriges System überhaupt nicht mehr füllen kann?

4. Teufel will die Finanztransaktionssteuer. Es klingt überaus gerecht, wenn „die Märkte“ von ihren Spekulationsgewinnen einen Teil abgeben müssen. Das will auch die SPD. Doch was geschieht mit dem Finanzplatz Deutschland, wenn diese Steuer nur hierzulande eingeführt wird? Denn die europäischen Nachbarn wollen nicht mitziehen, geschweige denn die internationale Gemeinschaft.

5. Aus dem Rentnerdasein heraus fordert Teufel, der Stabilitätspakt müsse wieder gelten. Sehr richtig. Doch hilft das aus der aktuellen Misere weit überhöhter Schuldenstände?

Die Liste der Forderungen lässt sich fortführen. Sie ist – mit Verlaub – wohlfeil. Denn entweder gehen sie an der gesellschaftlichen Realität vorbei, wie in der Familienpolitik, oder sie sind Polit-Theorie, die die schwierige praktische Umsetzung ausblendet.

Bleibt die Frage nach der personellen Alternative. Die „grumpy old men“, die mürrischen alten Männer, die sich nun zu Wort meldeten, sind es ja wohl nicht. Die als kräftig erachteten einstigen Kronprinzen, die vermeintlich alle von Merkel weggebissen wurden, können es auch nicht sein. Oder hat einer von ihnen wirklich für eine Politik gekämpft, die dem Merkel-Kurs Einhalt gebot? Und heute? Jeder bekommt das, was er verdient, heißt es im Volksmund. Die CDU hat Angela Merkel.
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